werk 07 Heidenheim Lichtinstallation in zwei Unterführungen

„Ausleuchten“ werk 07 Heidenheim 2006 / 07 Symposion und Wettbewerb Kunst im Öffentlichen Raum Schriftzüge aus ca. 1200 Autoglühlampen in zwei unterirdischen Passagen. je ca. 70 cm x 100 - 320 cm Die Grundidee bei werk 07 besteht darin, dass der/die eingeladene Künstler/in in Zusammenarbeit mit einem der teilnehmenden Industriebetriebe - und mit dessen jeweiligem Produkt - eine Arbeit für den öffentlichen Raum entwickelt. Das Osram-Werk in Herbrechtingen stellt alle Arten von Glühlampen fast ausschliesslich für KFZ her. Es ist der grösste Produzent solcher Glühlampen in Europa, wenn nicht weltweit mit ca. 1.5 Mio Stück am Tag. Ich habe mir ein Produkt ausgesucht, das massenhaft produziert wird, eine Glühlampe für Brems- und Schlusslicht, allerdings in einer exotischen Designvariante, die aufwendig mit einer blau irisierenden Schicht bedampft wird, damit sie sich in einem Scheinwerfer ohne farbiges Glas optisch völlig integriert und trotzdem das geforderte rote Licht produzieren kann. Diese beiden Unterführungen, einmal für Autofahrer, einmal für Fussgänger, sind extrem unwirtliche Orte und sie sind, wie auch das spezifische Produkt eng mit dem Auto verbunden. Werk, Schaffen, Erde, Verbergung und Lichtung sind zentrale Begriffe, die Martin Heidegger in seiner Schrift über den „Ursprung des Kunstwerks“ (1960) einführt, um den Begriff der Wahrheit der Kunst und der Wahrheit des Seins zu klären. Heidegger entwickelt darin keine abstrakte Kunsttheorie, sondern bleibt ganz beim Naheliegenden, z.B. bei seinem und unserem Sein und den Qualitäten, die es ausmachen. Bodenständigkeit, Erdverbundenheit, insistierendes Fragen resp. Suchen nach technischen Lösungen entspringen einer Haltung oder einem Erfindergeist die ich stark mit Heidenheim und seiner Industriegeschichte assoziiere, beides scheint mir aus der gleichen Quelle zu kommen, mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. „werk“ und „schaffen“ stehen im „normalen“ Sprachgebrauch – und in unmittelbarer Nähe des fast übermächtigen Voith-Werkes – in einem völlig anderen Zusammenhang als z.B. in Heideggers Kunsttheorie. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass diese Kunsttheorie auch eine Kritik an der Technokratiegläubigkeit unserer Gesellschaft ist, die uns seiner Meinung nach der Erde entfremdet und uns entwurzelt. Dadurch sind seine Theorien entweder hoffnungslos veraltet oder hochaktuell. Sein akribisches Befragen und Abhören der Sprache, um hinter ihre versteckte oder eher eigentliche Bedeutung zu kommen, wird hier zu einem Angebot für den Betrachter. Der Text in der Fussgängerpassage stammt aus Max Frischs „Homo Faber“ (1957) : „ Auf der Welt sein: im Licht sein. Irgendwo ( wie der Alte neulich in Korinth) Esel treiben, unserBeruf! – aber vor allem: standhalten, dem Licht, der Freude, im Wissen, dass ich erlösche über Ginster, Asphalt und Meer, standhalten der Zeit, beziehungsweise Ewigkeit im Augenblick. Ewig sein: gewesen sein.“ Dieses Buch beschäftigt sich auf etwas andere Weise mit genau denselben Fragen wie Heidegger, an genau dieser Stelle entwickelt das Fragment ein poetisch - existenzielles Doppelleben, weil es das Offensichtliche beschreibt und gleichzeitig die Veränderung des „In-einem-anderen-Licht-Stehen-Könnens“ in dieser unterirdischen Passage thematisiert. Beide Texte funktionieren so, dass sie freies Assoziieren oder auch Nachdenken über Sinn und Zusammenhang ermöglichen, ohne dass der Betrachter den Zusammenhang kennen muss. Auch ohne den intellektuellen Hintergrund für diese Wahl oder Zusammenstellung ist das eine Erweiterung dieses Ortes, die ihn „umstimmt“, „in ein anderes Licht setzt“. Gleichzeitig spielt der Zusammenhang für diesen Ort eine wichtige Rolle, weil er ihn natürlich dennoch mitbestimmt. Es gibt einen „Hintergrund“ für diesen Text, genauso, wie es einen städtebaulich-historischen Hintergrund gibt dafür, dass dieser Ort so geworden ist wie er sich jetzt bietet.